Ein bekannter Anblick. Leider. Und diesmal war es nicht die Feststellbremse. Nein, eher traf meine erste Vermutung zu.
Bei der Aktion hatte ich nur eine Hülse (links) gewechselt, um zu sehen, ob es an der Hülse liegen konnte. Die Kugellager mit der Bezeichnung KLNJ1/22RS-R82RS lagen seitdem in der Tiefkühlung zum Schrumpfen.
Jetzt allerdings ist die Lauffläche der rechten Seite durchgerieben und die Sperrkugeln haben sich weiter in die Hülse eingearbeitet. Die Sperrkugeln können sich nur einarbeiten, wenn die Steckachse sich dreht.
Wenn das Rad des Hängers rollt, soll sich aber die Steckachse nicht mitdrehen.
Sie dreht sich aber mit, weil die Kugellager einen hohen Innenwiderstand haben, da sie verschlissen sind. Den Zustand eines Kugellagers lässt sich ganz einfach digital ermitteln.
Digital von lateinisch digitus – der Finger.
Also Obacht beim Proktologen, wenn der eine digitale Untersuchung vorschlägt.
Mit dem Zeigefinger der rechten Hand wird der innere Metallring des Kugellagers geführt – sollte das schwergängig sein, rubbeln oder sogar seitliches Spiel haben, ist das Kugellager kaputt.
In meinem Fall war das fahrzeugseitige Kugellager (auf der schematischen Darstellung das linke Lager) durch Witterungseinflüsse wesentlich stärker in Mitleidenschaft gezogen worden als das rechte. Das rechte Kugellager sitzt unter einer Staubkappe, die ich bei der Gelegenheit auch gleich ausgetauscht habe.
Kugellager lassen sich nur durch Ausdrücken entfernen. Da ich kein Ausrückwerkzeug habe, bediene ich mich eines großen Schraubendrehers und eines Hammers, die ich bei mir im Werkzeugkoffer habe.
Rings um das Kugellager WD40 sprühen und dann vorsichtig auf einer Unterlage, die eine Aussparung in der Mitte hat, das Lager von innen herausschlagen. Nie mit grober Kraft, sondern immer kreuzweise, bis das Lager herausfällt. Dabei muss das Kugellager nicht zerstörungsfrei behandelt werden, bei dem rechten Kugellager konnte ich nach der Entfernung des linken Lagers ein größeres Werkzeug (½”-Verlängerung) einsetzen und auf den inneren Ring des Kugellagers schlagen.
Bei neuen Kugellagern darf allerdings nie auf den innern Ring geschlagen werden.
Um das zu vermeiden, kann das Kugellager -und das andere Werkstück – thermisch vorbehandelt werden. Mmh… Ob das Schrumpfen durch Kühlen und Weiten durch Erwärmung so richtig was gebracht hat …
… die Nabe ist recht schnell wieder kühl und das Lager wieder warm – ab 3mm Weg in den Lagersitz hinein. Da blieb mir nur die mechanische Weiterbehandlung mit dem Hammer über.
Das Kugellager, das am Fahrzeug montiert nach Außen zeigt, sitzt tiefer in der Nabe und schließt nicht mit der Oberfläche der Nabe ab.
Es mit einem alten ausgebauten Kugellager weiter reinzudrücken ist nur semi-intelligent, da das zur Hilfe genommene Kugellager wieder entfernt werden muss.
Fündig geworden bin ich wieder in meinem Werkzeugkoffer, der einen Zündkerzenstecker beinhaltet.
Da der höher als die Einschlagtiefe, schmaler als die Bohrung und breiter als die schwarze Schutzscheibe des Kugellagers ist, ist er grandios geeignet das Kugellager in seine vorgesehene Position zu bringen.
Da ich bei unserem Chariot wohl auch demnächst einmal die Lager wechseln muss (und mich einmal näher mit er Scheibenbremse beschäftigen) hier noch eine Frage:
Wie bekommt man die Staubkappe zerstörungsfrei ab?
Moin Kai,
die Staubkappe ist elastisch und Du kannst mit einem breiten (nicht scharfen) Spachtel am Rand unterhebeln und nach oben kanten. Bild: davon. Keine Angst :-)
Vielen Dank für die tolle Anleitung. Hab sie haargenau befolgt und es lief wie am Schnürchen. Bei uns war ein Kugellager komplett blockiert. Ohne dich hätten wir wohl ein neues Laufrad gekauft…
Beim Zumsammensetzen ist mir aber aufgefallen, dass die Stopmutter schon etwas abgenutzt ist. Ich würde sie gerne ersetzen, damit sie sich nicht von selbst fester zieht und das Kugellager bald wieder im Eimer ist. Ich kann aber partout keine passende Mutter finden.
Hast du zufällig eine Ahnung, was das für ein Gewinde ist?
Viele Grüße
Stephan
Moin Stephan,
das freut mich zu lesen … mmh, ich habe noch nicht einen Ersatz für die Stoppmutter gesucht, ich könnte mir allerdings vorstellen, dass die auch nicht metrisch ist, sondern imperial measure – vielleicht wirst Du bei Mini Cooper-Schraubern fündig, die alten englischen Autos sind auch alle zöllig zu beschrauben. Aber ob die damals schon Stoppmuttern hatten … ich gründel auch mal ein bisschen im Netz – wenn Du die Quelle schneller findest: nur zu!
Ansonsten mit einem Klecks Schraubensicherung oder gewöhnlichem Lack auf dem Gewindegang einschrauben.