Jeden Werktag mit dem Fahrrad zu Arbeit ist eine Herausforderung. Muss ich mich beim ÖPNV nicht um die Bereitstellung und Wartung der Fahrzeuge kümmern, habe ich beim Auto nicht einmal im Entferntesten vor, etwas selber machen zu wollen (außer Öl und Kühlwasser nachkippen) bin ich mit meiner gewählten Lösung: mit einem selbstgebauten Pedelec jeden Tag knapp 30 km hier in Wuppertal abzureißen nach 8 Jahren sporadisch und seit 5 Jahren permanent jetzt auch mal ganz schön auf dem Zahnfleisch. Die Rechnung, dass ich in der Zeit etwa Benzin im Wert von 4.000 € gespart und damit etwa 6 Tonnen CO2 vermieden habe, befriedigt mich jetzt auch nur mäßig. Denn im Prinzip sind das auch nur 100 € pro Monat. Das ist in etwa so motivierend wie für einen Raucher mit dem Rauchen aufzuhören, weil es ihn Geld kostet.
Ohne:
- Zweitrad in der Hinterhand (das die gleichen Ausstattungsmerkmale hat (Motor und Anhängerkupplung))
- Zeitnahen Justierservice
- Online-Ersatzteilversorgung
- Werkzeug, Platz und Zeit zum Schrauben
habe ich keine Ahnung, wie das zu schaffen sein soll. Gut, ich habe spezielle Anforderungen, das Rad muss pro Tag 30 km Strecke – davon etwa 2 km Waldweg – überleben, 500 Höhenmeter, 60 km/h-Bergabfahrten und bis zu 60 kg Gepäck (Mein Krempel + Kinder). Da grätscht einfach einiges weg. Auch meine Kleidung leidet – das täte sie im Auto nicht.

Ritzelpaket, das nach Ausbau direkt in seine Einzelteile zerfiel
Also wie ich andere Menschen davon überzeugen soll, ihr Auto stehen zu lassen, und stattdessen (ohne an ihrem Wohnort oder der Arbeitsstelle etwas zu ändern) auf Fahrrad (mit oder ohne Motor) umzusteigen ist mir schleierhaft. Wirtschaftlich erscheint mir das grade nicht.
Wer es immer noch nicht verstanden hat: es ist egal, ob der Weg ein Radweg ist oder eine Straße – das ist Psychologie und empfundene Sicherheit – es ändert nichts an der Tatsache, dass Verschleiß ungeahnten Ausmaßes und Wartungsbedarf diejenigen erwartet, die sich überlegen in Wuppertal ihr Auto für ein Fahrrad stehen zu lassen. Fahrradteile sind scheinbar nicht für tausende Kilometer konzipiert! Das was ich für Benzin ausgeben würde, steck ich in Ersatzteilen wieder rein. Beispielsweise ein Marathon Schwalbe Mantel – hält 5.000? 10.000? km – kostet 30 €. Dafür kauf ich bei einem Kleinwagen auch einen Reifen. Der hält aber deutlich länger. Antrieb: Kette, Ritzel und Kettenblätter – halten – wenn es hochkommt – 6.000 km. Bremsen – lachhaft. Das Zeugs ist filigran und auf geringes Gewicht getrimmt. Was ich brauche sind robuste einfache Teile – und endlich mal eine gekapselte Kette. Und möglich wäre die mit einem Pinion-Getriebe oder einer Rohloff-Speedhub – für das Geld, das ich dafür benötige, bekomme ich ein gebrauchtes Auto! Hält dann auch länger … wer jetzt? Das Auto oder das Rad? Das Auto hat zwar noch mehr Kosten, aber bei einem Fahrrad, dass dann knapp 5.000 € kostet, würde sogar ich eine Diebstahlversicherung abschließen. Bei einer prognositizierten Laufzeit von 15 Jahren.
Weiterhin: nach wie vor hat kein Fahrradhändler zum beruflichen Pendelzeiten offen. Der nächste Händler ist 6 km von meinem Wohnort entfernt und das in die falsche Richtung.
Einfach alle Autofahrende zu Radfahrenden machen zu wollen ist Kokolores. Als innenstädtischer Radaktivist mit begrenztem Radius gibt es keine bessere Lösung als das Fahrrad. In der Vorstadt leider schon. Solange Erdöl nicht signifikant teurer wird:
It’s the economy, stupid.
Apropos: Mein letzter gekaufter und beim Händler noch direkt aufgezogener Mantel ohne Pannenschutz hat 10 km gehalten bis die Luft durch einen Durchstich wieder draußen war.
Flicken kann ich … MUSS ICH JA AUCH
Und – wie könnte es anders sein – in dieser Woche, in der ich an diesem Artikel herumfeile, passiert auch noch Folgendes. Ich geh auf dem Zahnfleisch …