Der Zebrastreifen vor meiner Grundschule wurde 1983 durch eine Lichtzeichenanlage mit Bettelpunkt getauscht. Dass sich mein Vater darüber aufregte, hatte ich damals nicht richtig verstanden. Die Ampel lag auch nicht auf meinem Weg zur Schule, den ich selbstverständlich seit dem ersten Tag zu Fuß bewältigte – es waren aber auch nur 600m und nur eine Straße zu queren.
Was meinen Vater an der Einrichtung der Ampel störte, war die Umkehrung der Pflicht zum Aufpassen.
Meine erste Verkehrstote – eine ältere Frau, die 1985 auf einem Zebrastreifen überfahren wurde – konnte ich aus einem Erker-Fenster im ersten Stock eines angrenzenden Hauses betrachten – den 3er-BMW des Täters auch. Heute ist die Kreuzung durch die Einrichtung einer Einbahnstraße deutlich entschärft, das Tempo auf 30km/h gesenkt und die Straße baulich verengt. Es scheint nicht die einzige Tote auf dem Zebrastreifen vor der Post gewesen zu sein.
Im Straßenverkehr gibt es halt die Todesstrafe für Unachtsamkeit – oder aus reiner Willkür.
Als im September 1985 ein Trupp 14-15jähriger von Schwelm aus zur Bevertalsperre aufbrach, wurde der zu letzt Fahrende nach einem Sturz von einem Auto überrollt und war sofort tot. Das wäre mir völlig egal gewesen, ich war damals 8, aber mein bester Freund in der Grundschule, der schon ein silbernes 3-Gang-Kinderrennrad hatte, durfte nie mehr mit mir Fahrrad fahren. Seine Mutter hatte ihm das Fahrradfahren aufgrund dieses Unfalls mit dem Todesopfer in einer befreundeten Familie für immer verboten. Ob er inzwischen als gestandener Profi-Golfer nicht doch fährt – ich weiß es nicht.
Ich durfte auf jeden Fall weiterhin Fahrrad fahren. Und auch mein Sohn, der bald 14 ist, darf die 11km zu seiner Schule auch mit dem Fahrrad fahren – der Gefahr zum Trotz.